Der eigenständige Heilberuf Osteopath: Wer ist ein Osteopath?

Seit geraumer Zeit wird der eigenständige Heilberuf Osteopath lautstark gefordert, aber nicht darüber diskutiert, welche Folgen ein solcher neuer Heilberuf hätte. Wir stellen deshalb jede Woche einen spezifischen Aspekt vor, den ein eigenständiger Heilberuf Osteopath mit sich brächte. Damit wollen wir zu einer Diskussion beitragen, die aus unserer Sicht die Forderung nach dem Beruf Osteopath dringend benötigt.
 
Unser Thema diese Woche:

Wer wäre künftig ein Osteopath?
 
Ende Juni wollen die Gesundheitsminister der Länder beschließen, ob die Ausübung der Osteopathie ein eigenes Berufsgesetz benötigt. Die Vorteile eines solchen Gesetzes für die neue Berufsgruppe liegen auf der Hand:
 

  • Ein eigenes Berufsgesetz würde die Berufsbezeichnung Osteopath schützen, die Erlaubniserteilung regeln und sinnvollerweise auch deren Ausbildung.
  • Der Wildwuchs an unterschiedlichsten osteopathischen Weiterbildungen würde beendet werden.
  • Die nun geschützten Osteopathen würden rechtssicher arbeiten können, soweit sie sich an die Vorgaben des neuen Gesetzes halten.

 
Doch für wen würde dieses Gesetz gelten, wer wäre dem neuen Gesetz nach Osteopath?
Zur neuen Berufsgruppe könnten sich weder Ärzte noch Heilpraktiker zählen, beide Berufsgruppen dürften auch unter einem neuen Berufsgesetz nicht die Bezeichnung Osteopath führen, selbst wenn sie die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen würden.
 
Schwierig wäre die Situation in Hessen, wo die Bezeichnung Osteopath als Weiterbildungsbezeichnung für Physiotherapeuten durch die WPO-Osteo geschützt ist. Die Verordnung tritt 2019 außer Kraft, soweit sie nicht vorher um weitere fünf Jahre verlängert wird. Doch selbst wenn die Verordnung in drei Jahren keine Gültigkeit mehr hätte, würde eine einmal staatlich erteilte Weiterbildungsbezeichnung nicht nachträglich wieder kassiert werden. Ebenso wenig denkbar ist es, dass ein eigenständiger neuer Beruf und eine staatlich zertifizierte Weiterbildung die gleiche Bezeichnung führen. Ein Dilemma, das sich mit einem neuen Berufsgesetz in Hessen auftäte.
 
Bleibt die heterogene Gruppe der osteopathisch sehr unterschiedlich weiter- bzw. ausgebildeten Physiotherapeuten. Wie viele das sind, lässt sich nicht sagen, Zählungen hierzu gibt es nicht. Aus den Mitgliedszahlen der diversen Osteopathieverbände müssten alle Ärzte und Heilpraktiker herausgerechnet werden, andererseits ist nicht jeder osteopathisch weiter- bzw. ausgebildeter Physiotherapeut Mitglied eines Osteopathieverbandes. 
 
Ein eigenes Berufsgesetz müsste sinnvollerweise die Ausbildung regeln, je höher die Qualitätskriterien hinsichtlich Inhalte und zeitlichem Umfang, desto besser. Doch selbst wenn 1.350 Unterrichtseinheiten berufsbegleitender Ausbildung zum neuen Beruf führen würden, was wäre mit den zahlreichen Therapeuten, die diese Stundenzahl nicht erreichen? Immerhin sollte ein eigenes Berufsgesetz zur Rechtssicherheit beitragen, stünden diese also dann weiterhin im rechtsfreien Raum?
 
Zwei Optionen:
Innerhalb von Übergangsfristen könnten jene Therapeuten die fehlenden Unterrichtsstunden nachholen.
Aber dürften diese dann in der Zwischenzeit keine Osteopathie mehr praktizieren, nicht nur, weil sie wie bisher gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen, sondern weil es eben ein neues Gesetz gäbe, dass die Ausübung der Osteopathie schützen würde?    
 
Die andere Option bestünde darin, die Qualitätskriterien zu senken, damit das neue Gesetz von Anfang an möglichst vielen Therapeuten die gewünschte Rechtsicherheit böte. Das aber ginge zu Lasten der Patientensicherheit.
 
Diese wäre nur zu gewähren, über eine gesetzlich vorgeschriebene ärztliche Verordnung – also kein Primärkontakt für Osteopathen – und/oder indem das neue Berufsgesetz Osteopathen in der Ausübung bestimmter Bereiche einschränken würde. So wie z.B. in Frankreich, wo es für die Behandlung von Kindern unter sechs Monaten sowie der Behandlung der Halswirbelsäule einer ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung bedarf.     
 
Das sind einige Denkanstöße, über die es sich lohnt, nachzudenken und zu diskutieren, wenn man den eigenständigen Heilberuf Osteopath fordert.
 
Diskutieren Sie gern mit uns: contact@hpo-osteopathie.de
  
Unser Thema kommende Woche: Welche Bereiche würden künftig noch zur Osteopathie zählen?