World Congress Integrative Medicine & Health 2017

Vom 3. bis 5. Mai fand in Berlin der „World Congress Integrative Medicine & Health“ (Weltkongress für Komplementärmedizin und Gesundheit) statt. Gründungsmitglied Andreas Risch hat die hpO auf dem Kongress vertreten.
 
An dem internationalen Kongress nahmen ca. 850 Forscher, Therapeuten, Dozenten, Studenten und politische Entscheidungsträger aus aller Welt teil.
 
Im Vorfeld des Kongresses war ein „Berliner Abkommen“ von zahlreichen komplementärmedizinischen Gesellschaften erarbeitet worden, darunter auch von unseren Kollegen der Deutschen Ärztegesellschaft für Osteopathie, DÄGO. In dem Abkommen, das auf dem Kongress erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, geht es um eine Neuausrichtung der Medizin, mit dem Ziel u.a. komplementäre Behandlungsmethoden und klassische Medizin im Interesse der Patienten bestmöglich zu verknüpfen.
  
Im Rahmenprogramm vor dem Kongress fanden Workshops u.a. über Osteopathie, qualitative Forschung und über das Projekt „Horizon 2020“ statt, ein seit 2014 laufendes EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation.
 
Unter den verschiedenen Vorträgen auf dem Kongress war die "Keynote-Lecture“ von Prof. Klaus Linde vom Institut für Allgemeinmedizin der TU München hervorzuheben: Linde erläuterte, warum so viele komplementäre Heilverfahren Schwierigkeiten haben, von der Schulmedizin akzeptiert zu werden. Hierbei unterschied er zwischen der Evidenz der "effectiveness" (therapeutische Wirksamkeit) und "efficacy" (klinische Wirksamkeit). Laut Linde lässt sich bei komplementärmedizinischen Verfahren oft eine therapeutische Wirksamkeit belegen, aber eben keine klinische Wirksamkeit.
 
Ein sehr interessante Diskussion gab es hinsichtlich der Benchmarks der WHO von 2014 und der staatlichen Regulierung komplementärer Heilverfahren. Obwohl sich diese Diskussion in erster Linie auf die Traditionell Chinesische Medizin, TCM, bezog, kam auch die Regulierung der Osteopathie am Beispiel Portugal zur Sprache, wo die Osteopathie seit 2015 gesetzlich geregelt ist. Im Rahmen des Anerkennungsprozesses hatten sich die Portugiesen vorwiegend am englischen Modell der Osteopathie orientiert und die Ausbildungs- und Berufsausübungsordnung der Engländer in ihren Verhandlungen benutzt. Deshalb ist in Portugal nun eine vorwiegend biomechanische Osteopathie staatlich geregelt, zu Lasten anderer Teile der Osteopathie, die für diese Regelung geopfert wurden.
 
Ein weiterer interessanter Punkt, der gleich in mehreren Vorträgen thematisiert wurde, ist die Übernahme von Begriffen und zahlreichen anderen Aspekten der Komplementärmedizin durch die klassische Medizin, so dass die Unterschiede zwischen komplementärer und klassischer Medizin zunehmend verwischen. In Deutschland liegt das auch daran, dass viele Ärzte komplementärmedizinische Verfahren als IGel-Leistungen anbieten und damit werben.
 
Auch wenn natürlich nicht alles für die Osteopathie von Belang war, fand im Maritim proArte Hotel in Berlin ein vielseitiger und interessanter internationaler Kongress statt.
 
Aus Sicht der hpO ist es für die Osteopathie und deren künftige Entwicklung sehr wichtig, offen und vorurteilsfrei den fachlichen wie berufspolitischen Austausch mit der klassischen Medizin und mit anderen komplementären Heilverfahren auf solchen Foren zu suchen. Deshalb werden wir, soweit möglich, an solchen Veranstaltungen auch künftig teilnehmen.