Von Osteopathie und Wahrsagern

Wahrsager sind Menschen, die vorgeben, in die Zukunft blicken zu können. Sie beherrschen die Kunst, mit vagen Aussagen Hoffnung zu schüren, ohne jemals zu konkret zu werden. Um die vermeintliche Zukunft vorhersagen zu können, nutzen sie Glaskugeln, Sterne, Hände oder Karten.

In unserem Fall sind es keine Karten, sondern ein dickes Bündel Papier, genauer gesagt 179 Seiten Papier: Es ist der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD.
 
Würde man einen Wahrsager oder eine Wahrsagerin danach befragen, was innerhalb der nächsten Legislaturperiode mit der Osteopathie geschehe, was würde er/sie antworten?

Vielleicht so oder so ähnlich:
Man sehe die im Koalitionsvertrag „enthaltenen Aussagen zu den Gesundheitsberufen (...) als gute Diskussionsgrundlage, um in der begonnenen Wahlperiode die berufsgesetzliche Regelung der Osteopathie seriös diskutieren und zu einer zukunftsfähigen Lösung bringen zu können."
 
Das ist ziemlich vage, was da ein Osteopathieverband formuliert hat. Gut, dass wir das überprüfen können.

Im Koalitionsvertrag umfasst der Unterpunkt „Gesundheit und Pflege“ acht Seiten, davon der Absatz Gesundheitsberufe etwa eine dreiviertel Seite, er besteht aus sieben Abschnitten (S. 100f).

Für die Osteopathie können lediglich folgende Sätze aus den Abschnitten 6 und 7 von Relevanz sein:
Wir werden die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe im Rahmen eines Gesamtkonzeptes neu ordnen und stärken. (...)
Für die zukünftigen Herausforderungen des Gesundheitswesens ist die Aufgabenverteilung der Gesundheitsberufe neu zu justieren und den Gesundheitsfachberufen mehr Verantwortung zu übertragen. Die Ergebnisse der Modellprojekte der Heilberufe werden wir berücksichtigen. Im Sinne einer verstärkten Patientensicherheit wollen wir das Spektrum der heilpraktischen Behandlung überprüfen.“
 
Vereinfacht zusammengefasst:
Gesundheitsfachberufe wie der Physiotherapeut sollen neu geordnet, gestärkt und mit mehr Verantwortung ausgestattet werden. Dafür sollen die Tätigkeiten des Heilpraktikers im Sinne der Patientensicherheit überprüft werden.
 
Soll das wirklich eine gute Diskussionsgrundlage für seriöses Diskutieren sein, um zu einer zukunftsfähigen Lösung für die Osteopathie zu gelangen?
 
Wenn man die Ausübung der Osteopathie zu einem neuen Gesundheitsfachberuf machen will und den Heilpraktiker als Provisorium missachtet, sicherlich. Für diejenigen, wie wir, die Osteopathie als eigenständige Form der Heilkunde verstehen, definitiv nicht.