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Die neuen Zulassungsempfehlungen für Heilmittelerbringer: Ein Interview mit Jeannette Polster, Vizepräsidentin von podo deutschland
[08.08.2018]Der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) hat neue Zulassungsempfehlungen für Heilmittelerbringer (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen) erstellt, die seit 1. August 2018 anzuwenden sind.
Diese betreffen auch Therapeuten, die vorwiegend heilkundlich arbeiten und eine Kassenzulassung besitzen sowie alle heilkundlich arbeitenden Therapeuten, die mit Heilmittelerbringern in einer Praxis zusammenarbeiten oder zusammenarbeiten wollen.
Wir haben dazu Jeannette Polster befragt, Vizepräsidentin des Deutschen Verbandes für Podologie (ZFD) e.V., der Mitglied im Spitzenverband der Heilmittelverbände SHV ist.
Frau Polster, am 1. August dieses Jahres sind die neuen Zulassungsempfehlungen für Heilmittelerbringer in Kraft getreten. Wie entstehen solche Zulassungsempfehlungen und warum wurden neue erstellt?
Das Procedere zur Entstehung bzw. zur Änderung der Zulassungsempfehlungen ist relativ ernüchternd, da die Regelungskompetenz beim GKV-SV liegt. Ergibt sich ein Änderungsbedarf, haben die Verbände lediglich ein Stellungnahmerecht. Im jüngsten Fall wurden die Verbände informiert, konnten ihre Vorstellungen vorab äußern, es folgte ein Entwurf mit Gelegenheit zur Stellungnahme und schließlich hat der GKV-SV die Empfehlungen beschlossen. Der Änderungsbedarf bestand seit längerer Zeit in mehreren Bereichen, insbesondere kam es immer wieder zu deutlich abweichenden Auslegungen der Krankenkassen, bspw. bei der Präsenzzeit oder den Raumanforderungen.
Wie verbindlich sind die Empfehlungen für die gesetzlichen Krankenkassen?
Das Ziel der Zulassungsempfehlungen ist deren bundesweit einheitliche Anwendung durch die zulassenden Stellen der Krankenkassen. Die Betonung liegt dennoch auf „Empfehlungen“, eine Rechtsverbindlichkeit zwischen den Vertragsparteien ist mit dem Beschluss durch den GKV-SV in diesem Moment noch nicht hergestellt. Diese entsteht dann, wenn die Zulassungsempfehlungen Bestandteil der Rahmenverträge werden, entweder als Anlage oder als dynamischer Verweis auf die jeweils gültige Fassung. In der Regel ist letzteres der Fall.
Wie zufrieden sind Sie mit den neuen Zulassungsempfehlungen?
Die Neufassung der Zulassungsempfehlungen erweist sich gegenüber der alten Fassung als liberaler und schafft in einigen Punkten mehr Klarheit. Beispiele hierfür sind die Definition des Zugelassenen und der fachlichen Leitung oder die Festlegung der Präsenzzeit auf 30 Stunden pro Woche inklusive Hausbesuchszeit. Diese Regelung gilt übrigens nicht nur für Neuzulassungen ab dem 01.08.2018, sondern kann auch von allen bereits zugelassenen Praxen nach dem sogenannten Günstigkeitsprinzip angewandt werden. Es ist aber nicht alles nach Wunsch umgesetzt worden. Die wesentlichen Kritikpunkte, wie vorzuhaltende Therapieräume auch für ausschließlich im Hausbesuch tätigen Mitarbeiter oder die Raumhöhe mit 2,40 m in der Podologie und sogar 2,50 m in der Physiotherapie sind nicht modifiziert worden.. Zu beiden Punkten sind Verfahren beim Bundessozialgericht anhängig, nachdem die vorherigen Instanzen zugunsten der Therapeuten geurteilt haben.
(AZ: B 3KR 22/16 B; AZ: B 3KR 16/17 R)
Werden die Zulassungsempfehlungen nachgebessert werden?
Aktuell liegt den Verbänden ein vorrangig redaktionell und minimal inhaltlich geänderter Entwurf mit Gelegenheit zur Stellungnahme vor. Im Rahmen einer sogenannten Multiplikatorenschulung, an der sowohl Heilmittelverbände als auch Krankenkassenvertreter teilgenommen haben, sind verschiedene Verständnisfragen aufgetaucht, die nun nachgearbeitet wurden.
Unter Punkt 1.2 werden die nicht zulassungsfähigen Berufsgruppen aufgeführt. Zu diesen zählen unter Punkt 1.2.3 auch der Heilpraktiker. Als was zählt ein Heilmittelerbringer, z.B. ein Physiotherapeut, der auch die Heilpraktikererlaubnis erworben hat?
Als beides, je nach Tätigkeitsschwerpunkt– und es betrifft ja auch den sektoralen Heilpraktiker: Erfüllt ein Therapeut mit Heilpraktikererlaubnis die Kriterien für die Kassenzulassung, kann er diese in seiner Eigenschaft als Heilmittelerbringer erhalten und GKV-Leistungen erbringen. Daneben kann er als Heilpraktiker/sektoraler Heilpraktiker im Bereich der Privatpatienten/Selbstzahler tätig werden.
Sind Kooperationen zwischen Heilmittelerbringer und Heilpraktiker in einer Praxis weiterhin möglich?
Ausdrücklich ja! Die Zulassungsempfehlungen sind etwas weicher gefasst worden und stellen auf eine lediglich räumliche Trennung für Leistungen ab, die nicht zum originären GKV-Leistungsspektrum gehören (z.B. Prävention, Therapie, Rehabilitation). Es ist also bspw. eine Untervermietung möglich, die sogar die gemeinsame Nutzung des Warte- und Sanitärbereiches erlaubt. Die Formulierung in Nr. 8.2 Teil 1 kann missverständlich gelesen werden, hier soll eine klärende Korrektur erfolgen.
Liebe Frau Polster, vielen Dank für das Interview!
Diese betreffen auch Therapeuten, die vorwiegend heilkundlich arbeiten und eine Kassenzulassung besitzen sowie alle heilkundlich arbeitenden Therapeuten, die mit Heilmittelerbringern in einer Praxis zusammenarbeiten oder zusammenarbeiten wollen.
Wir haben dazu Jeannette Polster befragt, Vizepräsidentin des Deutschen Verbandes für Podologie (ZFD) e.V., der Mitglied im Spitzenverband der Heilmittelverbände SHV ist.
Frau Polster, am 1. August dieses Jahres sind die neuen Zulassungsempfehlungen für Heilmittelerbringer in Kraft getreten. Wie entstehen solche Zulassungsempfehlungen und warum wurden neue erstellt?
Das Procedere zur Entstehung bzw. zur Änderung der Zulassungsempfehlungen ist relativ ernüchternd, da die Regelungskompetenz beim GKV-SV liegt. Ergibt sich ein Änderungsbedarf, haben die Verbände lediglich ein Stellungnahmerecht. Im jüngsten Fall wurden die Verbände informiert, konnten ihre Vorstellungen vorab äußern, es folgte ein Entwurf mit Gelegenheit zur Stellungnahme und schließlich hat der GKV-SV die Empfehlungen beschlossen. Der Änderungsbedarf bestand seit längerer Zeit in mehreren Bereichen, insbesondere kam es immer wieder zu deutlich abweichenden Auslegungen der Krankenkassen, bspw. bei der Präsenzzeit oder den Raumanforderungen.
Wie verbindlich sind die Empfehlungen für die gesetzlichen Krankenkassen?
Das Ziel der Zulassungsempfehlungen ist deren bundesweit einheitliche Anwendung durch die zulassenden Stellen der Krankenkassen. Die Betonung liegt dennoch auf „Empfehlungen“, eine Rechtsverbindlichkeit zwischen den Vertragsparteien ist mit dem Beschluss durch den GKV-SV in diesem Moment noch nicht hergestellt. Diese entsteht dann, wenn die Zulassungsempfehlungen Bestandteil der Rahmenverträge werden, entweder als Anlage oder als dynamischer Verweis auf die jeweils gültige Fassung. In der Regel ist letzteres der Fall.
Wie zufrieden sind Sie mit den neuen Zulassungsempfehlungen?
Die Neufassung der Zulassungsempfehlungen erweist sich gegenüber der alten Fassung als liberaler und schafft in einigen Punkten mehr Klarheit. Beispiele hierfür sind die Definition des Zugelassenen und der fachlichen Leitung oder die Festlegung der Präsenzzeit auf 30 Stunden pro Woche inklusive Hausbesuchszeit. Diese Regelung gilt übrigens nicht nur für Neuzulassungen ab dem 01.08.2018, sondern kann auch von allen bereits zugelassenen Praxen nach dem sogenannten Günstigkeitsprinzip angewandt werden. Es ist aber nicht alles nach Wunsch umgesetzt worden. Die wesentlichen Kritikpunkte, wie vorzuhaltende Therapieräume auch für ausschließlich im Hausbesuch tätigen Mitarbeiter oder die Raumhöhe mit 2,40 m in der Podologie und sogar 2,50 m in der Physiotherapie sind nicht modifiziert worden.. Zu beiden Punkten sind Verfahren beim Bundessozialgericht anhängig, nachdem die vorherigen Instanzen zugunsten der Therapeuten geurteilt haben.
(AZ: B 3KR 22/16 B; AZ: B 3KR 16/17 R)
Werden die Zulassungsempfehlungen nachgebessert werden?
Aktuell liegt den Verbänden ein vorrangig redaktionell und minimal inhaltlich geänderter Entwurf mit Gelegenheit zur Stellungnahme vor. Im Rahmen einer sogenannten Multiplikatorenschulung, an der sowohl Heilmittelverbände als auch Krankenkassenvertreter teilgenommen haben, sind verschiedene Verständnisfragen aufgetaucht, die nun nachgearbeitet wurden.
Unter Punkt 1.2 werden die nicht zulassungsfähigen Berufsgruppen aufgeführt. Zu diesen zählen unter Punkt 1.2.3 auch der Heilpraktiker. Als was zählt ein Heilmittelerbringer, z.B. ein Physiotherapeut, der auch die Heilpraktikererlaubnis erworben hat?
Als beides, je nach Tätigkeitsschwerpunkt– und es betrifft ja auch den sektoralen Heilpraktiker: Erfüllt ein Therapeut mit Heilpraktikererlaubnis die Kriterien für die Kassenzulassung, kann er diese in seiner Eigenschaft als Heilmittelerbringer erhalten und GKV-Leistungen erbringen. Daneben kann er als Heilpraktiker/sektoraler Heilpraktiker im Bereich der Privatpatienten/Selbstzahler tätig werden.
Sind Kooperationen zwischen Heilmittelerbringer und Heilpraktiker in einer Praxis weiterhin möglich?
Ausdrücklich ja! Die Zulassungsempfehlungen sind etwas weicher gefasst worden und stellen auf eine lediglich räumliche Trennung für Leistungen ab, die nicht zum originären GKV-Leistungsspektrum gehören (z.B. Prävention, Therapie, Rehabilitation). Es ist also bspw. eine Untervermietung möglich, die sogar die gemeinsame Nutzung des Warte- und Sanitärbereiches erlaubt. Die Formulierung in Nr. 8.2 Teil 1 kann missverständlich gelesen werden, hier soll eine klärende Korrektur erfolgen.
Liebe Frau Polster, vielen Dank für das Interview!