Ein guter Vorsatz für 2019

Zahlreiche deutsche Gesetze tragen missverständliche Namen. Also Bezeichnungen, die nicht genau auf den Punkt bringen, worum es in dem jeweiligen Gesetz eigentlich geht. Jüngstes Beispiel dafür ist die für Oktober 2020 geplante Einführung der PKW-Maut. Das entsprechende Gesetz dazu lautet abgekürzt Infrastrukturabgabengesetz.

Mit dem viel geschmähten Heilpraktikergesetz verhält es sich ähnlich. Denn im Heilpraktikergesetz geht es um etwas sehr viel Wichtigeres, als den Heilpraktiker selbst: Das Heilpraktikergesetz ist das einzige Gesetz, das genau definiert, was Heilkunde ist.

In § 1(2) heißt es dazu, „Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“

Was ist Ausübung der Osteopathie im Kern anderes als das Feststellen, Heilen oder Lindern von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden?
 
Das Heilpraktikergesetz regelt noch einen anderen, ganz entscheidenden Punkt. Es legt fest, wer Heilkunde ausüben darf: „Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.“ (§ 1(1), HeilprG). Heilkunde dürfen demnach nur Ärzte und Heilpraktiker ausüben.
 
Halten wir fest: Ohne Heilpraktikergesetz könnten wir die Osteopathie nicht der Heilkunde zurechnen und ohne Heilpraktikergesetz könnten wir uns nicht – wie bereits Ende 2016 geschehen – erfolgreich wehren, wenn z.B. Physiotherapeuten versuchen, Osteopathie in ihr Tätigkeitsfeld zu übernehmen.

Wir, die wir berufsmäßig Osteopathie ausüben, haben dem Heilpraktikergesetz also viel zu verdanken. Darüber sollten all jene nachdenken, die auch im neuen Jahr dieses Gesetz weiterhin kritisieren und ein eigenes Berufsgesetz fordern, das weder Ärzte haben, noch Akupunkteure, Homöopathen, TCM-Therapeuten und alle anderen, die berufsmäßig Heilkunde ausüben.
 
Und wie sollte ein Berufsgesetz auch aussehen, das nur Osteopathen bekommen sollen, andere Heilkundler für sich aber nie eingefordert haben, weil sie auch ohne eigenes Berufsgesetz ihre Tätigkeit wunderbar ausüben können? Auch das sollte endlich einmal erklären, wer mit der Forderung nach einem eigenen Berufsgesetz seine Mitglieder seit Jahren/Jahrzehnten hinhält.
 
Brauchen wir wirklich ein eigenes Berufsgesetz, um die osteopathische Weiterbildung nach einheitlichen Qualitätskriterien bundesweit zu regeln? Sind wir Schulen und Verbände dazu nicht selbst in der Lage? Können wir nicht selbst gemeinsam ausreichend Druck ausüben auf jene Schulen und Verbände, die sich nicht an die hohen Weiterbildungsvorgaben, auf ärztlicher Seite des EROP und auf nichtärztlicher Seite der BAO, halten wollen? Brauchen wir dazu wirklich die Politik und ein Gesetz, das wie in anderen europäischen Ländern die Osteopathie und deren Ausübung definiert, also letztlich einschränkt?
 
Wir sind der Überzeugung, dass wir das selbst schaffen können. Ohne Politik, die ihr Desinteresse an einem eigenen Berufsgesetz immer wieder deutlich gemacht hat.

Wir sind der Überzeugung, dass das, was uns Osteopathieverbände und Schulen eint, größer ist, als das, was uns berufspolitisch trennt. Denn wir alle begreifen Osteopathie als eigenständige Heilkunde und wollen eine qualitativ hochwertige Osteopathie für unsere Patienten.

Die osteopathische Weiterbildung nach einheitlichen Qualitätskriterien bundesweit selbst zu regeln, wäre ein sehr guter Vorsatz für das neu begonnene Jahr. Er lässt sich nur gemeinsam erreichen. Wir reichen jedem die Hand, der daran arbeiten will.

Jürgen Gröbmüller, Christoph Newiger