Mit den besten Wünschen

Osteopathie – seit knapp 150 Jahren eine vertrackte Sache! Die einen betrachten sie als Philosophie, die anderen als wirksame Ergänzung zur Schulmedizin, wieder andere als unwissenschaftlichen Hokuspokus. Kurzum, es hat sich nicht wirklich viel geändert in all den Jahren. Auch nicht in Deutschland, wo die Osteopathie eine noch relativ junge Disziplin darstellt.
 
Werfen wir einen Blick auf die Akteure selbst. Menschen, die anderen Menschen helfen. So einfach und doch nicht leicht. Denn hier steht oft die (berufliche) Identität des Einzelnen im Weg. Wer guter Osteopath und weniger guter Osteopath ist, werten vor allem die Beteiligten selbst. Wer berechtigt oder unberechtigt ist, das geben hingegen Gesetze vor und das sind die Berufsgesetze der verschiedenen Beteiligten.
 
Da mag es verständlich erscheinen, ein eigenes Berufsgesetz zu fordern, dass endlich Regelung, Anerkennung und Ruhe in die endlosen Debatten bringt. Ein Berufsgesetz würde das Wirrwarr regeln, wer sich Osteopath/in bezeichnen darf und wer nicht. Doch ein solches Gesetz wird Heilkunde-Berechtigten nicht untersagen können, Osteopathie auszuführen. Unterm Strich würde ein Berufsgesetz also nur einigen zusätzlich die Erlaubnis verschaffen, Osteopathie auszuüben, die heute dazu nicht berechtigt sind.

Schwer zu quantifizieren, wie viele das wären, aber schaut man sich beispielsweise die Mitgliederstruktur des größten nichtärztlichen Osteopathenverbandes an, dann kann man feststellen, dass über 60 Prozent der Mitglieder bereits jetzt rechtlich berechtigt sind, Osteopathie zu praktizieren. Berufspolitik wird hier also für eine Minderheit gemacht, die sich nicht an bestehendes Recht hält.  
 
Nun ist es ehrenwert, sich für Minderheiten einzusetzen, aber was bringt ein Berufsgesetz, das – wie andere Berufsgesetze auch – die Inhalte einer Ausbildung genau vorschreibt und somit dem Osteopathen ausschließlich die Anwendung der erlernten Inhalte gestattet? Immerhin praktizieren nur ca. 30 Prozent aller Osteopathen ausschließlich Osteopathie. Die meisten wenden auch andere, oft heilkundliche Verfahren in ihrer Praxis an.

Schade auch um die meisten Postgraduate-Kurse, (die fälschlicherweise so bezeichnet werden) und deren Inhalte dann von Osteopathen nicht ausgeführt werden dürften. Denn viele dieser Inhalte wären nicht im Ausbildungscurriculum enthalten, würden somit rechtlich Ausübung von Heilkunde darstellen und dürften deshalb nur von Heilkundeberechtigten angewendet werden – neben den fachlichen Einschränkungen, die ein Berufsgesetz mit sich brächte, ein zusätzliches Dilemma. Hier zeigt sich, dass es mit dem eigenen Beruf so einfach eben nicht ist.
 
Aber wozu sich darüber den Kopf zerbrechen? Ein neues Jahr ist angebrochen und wer dachte, die Physiotherapeutisierung der Osteopathie sei mit der Rücknahme des berühmt-berüchtigten Änderungsantrag 33 Ende 2016 ein für alle Male beendet worden, der irrt. Denn aus den Fehlern der Vergangenheit hat man gelernt und so arbeiten die Befürworter einer Eingliederung der Osteopathie in die Physiotherapie längst an einer erneuten Gesetzesvorlage, nur dieses Mal still und leise. Passend zur allgemein geforderten Modernisierung der Gesundheitsfachberufe und deren Gesetze und Ausbildungen, die weiterhin auf dem Prüfstand eines äußerst regen Gesundheitsministeriums stehen.

Und egal, ob eigenes Gesetz oder die Physiotherapeutisierung, ein Verlierer steht in beiden Fälle fest: Es ist die Osteopathie selbst, die entweder durch die Bestimmungen eines Berufsgesetzes massiv zurechtgestutzt oder als einzelne osteopathische Techniken innerhalb der Physiotherapie auseinander gerissen wird.
 
Das wird dann nicht mehr jene Osteopathie sein, die uns Still einst vermacht und wir bis heute weiterentwickelt haben. Und eben auch nicht mehr jene Osteopathie, mit der wir unseren Patienten oft wirksam helfen können, denn um sie, um unsere Patienten, muss es uns letztlich gehen.
 
Als hpO werden wir deshalb weiterhin Fakten, Argumente und Überzeugungen wider ein eigenes Berufsgesetz und eine Physiotherapeutisierung der Osteopathie vorbringen und zusammen mit unseren Partnern unseren Einfluss geltend machen.
 
Und so bleibt denn vor allem der Osteopathie ein gutes Jahr zu wünschen und die besten Entscheidungen, die für sie möglich sind. Dafür wollen und werden wir uns auch in 2020 einsetzen.

Jürgen Gröbmüller