Was wir meinen

Erfahren Sie, wie die hpO zu aktuellen osteopathischen Themen steht. Lernen Sie unsere Meinungen kennen, die wir bei aktuellem Anlass ergänzen:

Aktuelle Erstattungspraxis gesetzlicher Krankenkassen
Die von über 100 GKVs angebotene Satzungsleistung Osteopathie verhilft vielen Versicherten zu kostengünstigen osteopathischen Behandlungen und führt nach unserer Überzeugung zu wesentlichen Einsparungen bei den Gesundheitsausgaben der Kassen.

Dennoch ist die gegenwärtige Praxis der anteiligen Erstattung osteopathischer Leistungen aus mehreren Gründen problematisch:

Aus rechtlicher Sicht zählt Osteopathie zur Heilkunde, sie ist kein Heilmittel und kann somit auch nicht ärztlich verordnet werden. Ist der Leistungserbringer in seinem Grundberuf Physiotherapeut, so darf er Osteopathie nicht vollumfänglich anwenden, sondern nur jene osteopathische Techniken, die dem Arbeitsbereich der Physiotherapie entsprechen (Stütz- und Bewegungsapparat). Im Schadensfall greift dessen Berufshaftpflichtversicherung nur für diese Techniken und deckt die Osteopathie nicht vollumfänglich ab.

Die überwiegende Mehrheit der verordnenden Ärzte kennen Osteopathie zu wenig, um sicherstellen zu können, dass die Behandlung „medizinisch geeignet ist, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ein Fortschreiten der Krankheit zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.“

Da die GKVs bis zu 20 verschiedene Osteopathieverbände anerkennen, die ihrerseits unterschiedliche Aufnahmevoraussetzungen und Ausbildungsanforderungen an ihre Mitglieder stellen, kommen die meisten Kassen ihrer Verpflichtung aus dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz nicht nach, „hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln“. 

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, in wie weit die aktuelle Erstattungspraxis gesetzlicher Krankenkassen qualitätsgesichert und rechtskonform ist.

Strukturierte curriculäre Fortbildung für „Osteopathische Verfahren“.
Die Fortbildung „Osteopathische Verfahren“ richtet sich an Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Manuelle Medizin“. Sie umfasst 160 Unterrichtseinheiten und soll dazu dienen, „die osteopathischen Verfahren als diagnostische und therapeutische Option in das Methodenspektrum der Ärzteschaft aufzunehmen.“ Sie ist auf Initiative der Bundesärztekammer entstanden und wird von einigen Landesärztekammern angeboten.
Mit Osteopathie als ein eigenständiges salutogenetisches Medizinkonzept haben „osteopathische Verfahren“ aber nichts gemein, da sie lediglich eine Ansammlung manueller Techniken darstellen. Auch kann in 160 Unterrichtseinheiten nicht annähernd das erlernt werden, was Ärzte in einer osteopathischen Weiterbildung nach den Vorgaben der EROP in 700 Unterrichtseinheiten erlernen. 
Eine solche kurze Fortbildung widerspricht schließlich auch den Fort- bzw. Ausbildungsempfehlungen für Osteopathie der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Zwar dürfen Ärzte (wie auch Heilpraktiker) grundsätzlich Osteopathie als Heilkunde praktizieren. Eine qualitätsgesicherte Anwendung der Osteopathie ist die Abgabe „Osteopathischer Verfahren“ an Patienten aus oben genannten Gründen aber nicht.

Europaweite Normierung der Osteopathie
Unter Leitung des Europäischen Komitee für Normung, CEN, laufen seit einigen Jahren Bestrebungen die Ausbildung der Osteopathie und deren Anwendung europaweit zu regeln. An dieser noch zu schaffenden europäischen Norm für Osteopathie wirken einzelne nationale Osteopathieverbände und Normungsinstitute mit.
 
Diese Bestrebungen sind unterstützenswert, da sie zu einer europaweiten Qualitätssicherung der Osteopathie in Ausbildung und Anwendung beitragen werden.
Gleichwohl wird eine solche europaweite Normierung nicht automatisch zur Rechtssicherheit beitragen, da die geltende Rechtslage von Land zu Land unterschiedlich ist. So gilt für Deutschland die Notwendigkeit der Heilerlaubnis, über die nur Arzt und Heilpraktiker verfügen, um Osteopathie im Primärkontakt vollumfänglich ausüben zu dürfen.

Primärkontakt
Der Primärkontakt – auch First Access oder Direct Access genannt – bezeichnet das Recht Heilkunde auszuüben, also Patienten ohne Verordnung diagnostizieren und ggf. behandeln zu können. Die Ausübung der Heilkunde erfordert aber eine Heilerlaubnis, über die in Deutschland nur Ärzte aufgrund ihrer medizinischen Ausbildung und Heilpraktiker aufgrund der Heilpraktikerprüfung vollumfänglich verfügen.

Andere Berufsgruppen, wie z.B. Physiotherapeuten, dürfen im Primärkontakt, also ohne Verordnung (Rezept), nicht arbeiten. Deshalb erstatten gesetzliche Krankenkassen auch keine Rechnung, wenn eine Verordnung fehlt. Umgekehrt ist eine Verordnung aber keine Erlaubnis, Heilkunde vollumfänglich auszuüben. Denn auch mit Verordnung des Arztes oder Heilpraktikers darf der jeweilige Therapeut nur im Rahmen des für ihn geltenden Berufsgesetzes tätig werden. Das alles macht die Verordnung zu einem zentralen Baustein unseres Gesundheitssystems.
 
Jeder Verordnung geht eine Diagnose voraus. Aus fachlicher Sicht ist das Erstellen einer korrekten Diagnose vor einer Behandlung zwingend erforderlich:

  • Für die Allgemeinheit, um sie vor der Gefahr übertragbarer Krankheiten zu schützen,
  • für den einzelnen Patienten, um ihn im Rahmen der Differenzialdiagnose der richtigen Behandlung zuzuführen,
  • aber auch um ggf. akute Notfälle und lebensbedrohliche Zustände zu erkennen und erstzuversorgen.

Die hier aufgeführten Punkte zählen zu den wesentlichen Inhalten der Heilpraktikerprüfung. Eine bestandene Heilpraktikerprüfung schafft deshalb nicht nur rechtlich die Voraussetzung für den Primärkontakt, sondern gewährleistet auch die umfängliche fachliche Kompetenz der geprüften Person.
 
Eine sektorale Heilpraktikerprüfung, wie sie für die Physiotherapie und Podologie existiert, kommt für die Osteopathie nicht in Frage: Zum einen setzt der sektorale Heilpraktiker einen bestehenden Beruf voraus, zum anderen widerspricht eine eingeschränkte Heilpraktikerprüfung dem ganzheitlichen Ansatz der Ostopathie.

WPO-Osteo
Seit 2008 regelt in Hessen die „Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie“ (WPO-Osteo) die osteopathische Weiterbildung für Physiotherapeuten, Masseure und med. Bademeister sowie Heilpraktiker. Die staatlich geregelte Weiterbildung baut auf dem osteopathischen Ausbildungscurriculum der Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie, BAO, auf und führt zu der nur in Hessen gültigen Weiterbildungsbezeichnung Osteopath bzw. Osteopathin. In Alleinstellung darf diese Weiterbildungsbezeichnung nicht geführt werden, da sie keinen Beruf bezeichnet.
 
Da die WPO-Osteo eine Weiterbildung und keine Ausbildung regelt, kann sie per Definition nicht zu einem eigenständigen Heilberuf führen. Deshalb dürfen (staatlich anerkannte) Osteopathen in Hessen nicht im Primärkontakt arbeiten. Eine Ausnahme hiervon bilden Heilpraktiker, die den Begriff Osteopath aber nur als Weiterbildungsbezeichnung und nicht als Berufsbezeichnung führen dürfen.

In ihrer Anlage 1 definiert die WPO Osteo die osteopathische Fortbildung in Form eines Curriculums. Weil dieses Fortbildungscurriculum staatlich anerkannt ist, kann es als Grundlage für eine staatlich anzuerkennende osteopathische Ausbildung dienen, die im Wesentlichen nur um die Vorbereitung für die Prüfung zur Heilpraktikererlaubnis zu ergänzen ist und ggf. einer eigenen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung bedarf.